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Martin Schaffner - Die Heiligen Petrus und Paulus mit dem Schweißtuch der heiligen Veronika (Vera Icon)

Die Heiligen Petrus und Paulus mit dem Schweißtuch der heiligen Veronika (Vera Icon)

Martin Schaffner

Maße:
H 77.5cm B 177cm 
Jahr:
1518
Ort:
ZKM

Beschreibung

Martin Schaffner wurde um 1478 in Ulm geboren und war hauptsächlich dort tätig. Seine Tafel mit dem Schweißtuch der Heiligen Veronika ist ein beeindruckendes Zeugnis der spätmittelalterlichen Verehrung des Vera Icon, des „wahren Bildes“ Christi. Vermutlich fertigte Schaffner das Gemälde für eine Kirche oder geistliche Einrichtung in Ulm oder Schwaben.

Das überlebensgroße Haupt Christi ist das beherrschende Bildmotiv. Es ist das dornengekrönte, blutüberströmte Antlitz des leidenden Christus. Das Stück Stoff hinter dem Haupt macht deutlich, dass uns das Tuch der Heiligen Veronika gezeigt wird. Der Legende nach reichte Veronika Christus auf dem Weg zur Kreuzigungsstätte ein Tuch; nachdem er sich mit ihm Blut und Schweiß abgewischt hatte, zeichnete sich sein Gesicht darin ab.

Das Gesicht, das in Schaffners Gemälde zu sehen ist, gleicht allerdings nicht einem Abdruck. Vielmehr ist es plastisch, farbig und geradezu lebendig mit Blut und Tränen gegenwärtig. Denn das von einem feinen Strahlenkranz umgebene Haupt schwebt vor den Falten des Tuches, auf das es einen Schatten wirft.

Neben dem Schweißtuch der Veronika sind die Heiligen Petrus und Paulus zu sehen. Man kann sie an ihren charakteristischen Beigaben – den sogenannten Attributen – erkennen: der Schlüssel bei Petrus, das Schwert bei Paulus. Die beiden Apostel sind die Patrone der Stadt Rom, in der das Tuch der Veronika heute noch aufbewahrt wird.

Das Schweißtuch wurde erstmals um das Jahr 1000 als Reliquie der Peterskirche in Rom erwähnt und bekam in den folgenden Jahrhunderten mehr und mehr Bedeutung. Im Mittelalter und auch zur Zeit Schaffners war das Tuch die wichtigste aller Reliquien.

Von Mitteln und Mittlern

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Medium als Transportmittel

Eine mediengeschichtliche Betrachtung dieses Werks kann gleich an mehreren Stellen ansetzen. Es ist selbst ein Mittler. Aber es hat auch einen Mittler zum Thema.

Ausschnitt aus Martin Schaffners Gemälde: besonders naturalistische Darstellung des dornenbekrönten Gesichts Christi, Blut und Tränen sind sichtbar.

Spiel mit Wirklichkeit und Abbild

Mediengeschichtlich kann man bei dem Bild zunächst rein technisch ansetzen: Es handelt sich um eine Tannenholztafel, die in Mischtechnik, also in Öl und Tempera, bemalt wurde. Diese Malerei mit deckenden und lasierenden, das heißt durchscheinenden Schichten machte es Martin Schaffner möglich, dem Erscheinungsbild der Dinge besonders nah zu kommen – ein Spiel mit Wirklichkeit und deren Abbild: Betrachten Sie z. B. die Pupillen im blut- und schweißbenetzten Antlitz Christi, in denen sich ein Fensterkreuz spiegelt!

Ausschnitt aus einem Gemälde aus der Werkstatt von Michael Herbst: Veronika reicht Christus, der unter der Last des Kreuzes fast zusammenbricht, ein Tuch.

Abbild eines Mittlers

Beim vorliegenden Werk ist der Medienbegriff zudem besonders stark mit dem Inhalt verzahnt. Gezeigt wird die Zurschaustellung einer Reliquie, eines im katholischen Kult verehrten Gegenstandes. Die Apostel Petrus und Paulus verehren das Schweißtuch der heiligen Veronika und treten gleichzeitig als Zeugen für seine Echtheit auf. Dabei spielt die Reliquie selbst wie kaum ein anderes Objekt mit dem Medialen, also mit den Bedingtheiten und Funktionen eines Mittlers. Denn der Legende nach entstand die Vera Icon, wörtlich „das Wahre Bild“, indem Veronika Christus auf seinem Leidensweg ein Tuch reichte, auf dem sich sein Gesicht abzeichnete. Das Tuch ist also ganz wörtlich ein Transportmittel. Aber wir sehen nicht das „echte“ Textil, sondern ein Abbild vom Abbild.

Ausschnitt aus Martin Schaffners Gemälde: Vor einem Tuch scheint der dornenbekrönte Kopf Christi zu schweben.

Wahrhaft gegenwärtig

Noch vertrackter wird die Sache durch Schaffners Darstellungsweise. Denn das Abbild erscheint nicht als Abdruck, sondern als reales Antlitz – der Kopf hat Volumen und wirft einen Schatten auf das Tuch dahinter! Sicher spielte hier auch der Glaube an die wahre Gegenwart Christi, wie sie in der Eucharistie, dem Abendmahl der katholischen Messe gefeiert wird, eine Rolle. Schließlich befand sich die Tafel ursprünglich in einem anderen mediengeschichtlichen Zusammenhang, war sie doch Teil einer kirchlichen Ausstattung und damit eines Medienverbunds, in dem die bildenden Künste mit anderen Mittlern im liturgischen Ablauf zusammenwirkten.

Erstaunlich ist, dass im mittelalterlichen Verständnis das Vermitteln die Wirkmacht nicht schmälerte: Wer das Antlitz Christi als Bild im Gebet betrachtete, konnte ebenso auf Minderung der Fegefeuerstrafe hoffen, wie vor der im Petersdom in Rom aufbewahrten Reliquie selbst.

Touren zu diesem Werk

Foto in der Ausstellung KunsthalleKarlsruhe@ZKM. Schaffners Gemälde, auf dem Schaffners Gemälde Petrus und Paulus mit dem Heiligen Schweißtuch zu sehen sind, hängt auf einem Vorhang.

Von Mitteln und Mittlern


Die Tour "Von Mitteln und MIttlern" der Ausstellung KunsthalleKarlsruhe@ZKM geht der Mediengeschichte ausgewählter Werke auf den Grund.
kurzweilig
ca. 25 min
zur Tour

Daten und Fakten

Titel Die Heiligen Petrus und Paulus mit dem Schweißtuch der heiligen Veronika (Vera Icon)
Künstler*in Martin Schaffner
Entstehungszeit 1518
Inventarnummer 79
Maße Bildträger H 77.5cm B 177cm
Maße Rahmen H 89.7cm B 188cm T 9cm
Material Nadelholz
Technik Mischtechnik
Gattung Gemälde
Abteilung Alte Malerei (vor 1800)
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