Bildnis eines Herrn im Jagdkostüm
Beschreibung
Nicolas de Largillierre zählte neben Hyacinthe Rigaud zu den namhaften Porträtisten seiner Zeit. Der Maler erfreute sich in Frankreich großer Anerkennung und malte bevorzugt für den zahlungskräftigen Adel.
Das Porträt zeugt vom wachsenden Selbstbewusstsein des französischen Adels um 1730. Die Eleganz der kostbaren Kleidung sowie die Kennzeichnung als Jäger verweisen auf die hohe soziale Stellung des Dargestellten. Ungezwungen auf dem Waldboden sitzend, erscheint sein Bild als Inbegriff aristokratischer Kultiviertheit und Souveränität.
Bemerkenswert sind die feine Ausführung und Farbigkeit des Gemäldes: Die delikaten Grau und Blautöne der Stoffe, die schimmernden Silberstickereien und die zarten Spitzen sind mit großer Sorgfalt wiedergegeben. Im Kontrast dazu steht die kulissenartige Landschaft, die den Hintergrund bildet. Das Bildnis erfährt durch den Zeigegestus und die leichte Körperdrehung eine Verlebendigung. Largillierre verwendete diese Haltung wiederholt und entsprach damit wohl einer Forderung des Kunsttheoretikers Roger de Piles. Dieser empfahl für die Darstellung hochstehender Personen eine Pose, die den Eindruck erwecke, als sprächen die Bildnisse zum Betrachter.
Solche Inszenierungen des Landlebens werden zu einem der Hauptthemen der Kunst des Rokokos, des sogenannten galanten Zeitalters.
Kunsthalle x Jakob Schwerdtfeger
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Völlig falsche Fashion
In diesem Kunstsnack geht es um das Bildnis eines Herrn im Jagdkostüm von Nicolas de Largillierre. Kunsthistoriker und Comedian Jakob Schwerdtfeger klärt u.a. auf, warum der Mann für die Jagd so unpassend gekleidet ist.
Meister der Farben
„Largillierre war ein Meister der Farben. Alles auf dem Bild wirkt fluffig und warm, der Waldboden ist nicht matschig-feucht, sondern sieht regelrecht gemütlich aus. Die Abendsonne legt sich über die Szene. Die unterschiedlichen Texturen des Jagdkostüms sind super gemalt. Man hat das Gefühl den Stoff fast anfassen zu können und jeden einzelnen Faden zu erkennen.“
Feinster Zwirn auf der Jagd?
„Wir sehen einen Mann lässig auf dem Waldboden sitzen. Um ihn herum sind ein paar Bäume, an seinem Oberschenkel lehnt ein Gewehr, wo man Gewehre halt so platziert. Auf der rechten Seite des Mannes ist dazu noch ein totes Rebhuhn. Es ist offensichtlich: Der Dargestellte ist auf der Jagd bzw. war es gerade. Wobei das gar nicht so offensichtlich ist, denn seine Kleidung passt so gar nicht zu einem Jäger. (…) Hier geht es vor allem um Status, denn der Dargestellte gehörte zum Adel des 18. Jahrhunderts in Frankreich. Wer genau hier abgebildet wird, ist nicht bekannt. Aber nur der Adel und das Großgrundbesitzertum durften damals jagen.“
Bedeutende Blicke
„Die gehobene Stellung des Dargestellten wird auch dadurch deutlich, dass er direkt aus dem Bild herausschaut. Wenn wir vor dem Gemälde stehen, werden wir frontal angeguckt. Hier wird Kunsttheorie in der Praxis angewandt, denn der Kunstkritiker Roger de Piles gab zu damaligen Zeit folgende Empfehlung ab: Menschen höheren Rangs sollten sich den Betrachter*innen direkt zuwenden und sie direkt anschauen. Genau das setzt Nicolas de Largillierre in seinem Gemälde in der Kunsthalle Karlsruhe um. Also ein weiteres Privileg: Auch Blickkontakt auf Bildern ist den oberen Schichten vorbehalten. (…) Der Edel-Adel-Jäger auf dem Gemälde zeigt sehr deutlich nach links aus dem Bild. Dazu sein eindringlicher Blick in unsere Richtung – eine klare Geste: Guck da rüber. Nur wenn wir nach links schauen, ist da nichts, nur der Bilderrahmen. Allerdings wird vermutet, dass es ursprünglich ein Doppelporträt war, dass es also ein Gegenstück gab, ein weiteres Bild daneben.“
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Kunsthalle x Jakob Schwerdtfeger
Daten und Fakten
Titel | Bildnis eines Herrn im Jagdkostüm |
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Künstler*in | Nicolas de Largillierre |
Entstehungszeit | um 1725–1727 |
Inventarnummer | 2562 |
Epoche | Barock |
Maße Bildträger | H 137.5cm B 105.5cm |
Maße Rahmen | H 163.5cm B 132.5cm T 13cm |
Material | Leinwand |
Technik | Ölfarbe |
Genre | Porträt |
Gattung | Gemälde |
Abteilung | Alte Malerei (vor 1800) |
Nicolas de Largillierre galt als bevorzugter Porträtist des französischen Hofes.
Jan Lauts, Slg. Kat. Karlsruhe 1973, S. 60: „Entstanden während der zwanziger oder Anfang der dreißiger Jahre. Die freie, großzügige Malweise im Ganzen, besonders die Gestaltung des Inkarnats und gewisser dekorativer Partien, findet ihre nächste Entsprechung in den Porträts dieser Jahre, etwa den 1729 entstandenen Bildnissen von Angehörigen der Familien Throckmorton und Wollascott (vgl. Versteigerungskatalog Christies-London, 26.6.1964, Nrn. 68-71); auf denselben Zeitraum deuten auch verschiedene charakteristische Einzelheiten der Tracht des Dargestellten.
Ein in den Maßen mit Nr. 2562 übereinstimmendes Damenbildnis „en chasseresse“ von der Hand Largillières, das sich ebenfalls in der Sammlung Lady Hillingdon befand, galt dort irrtümlicherweise als Gegenstück des Karlsruher Herrenporträts (vgl. dazu J. Lauts, Lit. 1971, S. 74, Anm 26).“
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Goethe gemalt von Tischbein - ein Porträt und seine Geschichte
Städelmuseum und Städtische Galerie, Frankfurt am Main 02.10.-01.12.1974
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250 Meisterwerke
Staatsgalerie, Stuttgart 04.10.1984-06.01.1985
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Nicolas de Largillierre
Musée Jacquemart-André, Paris 14.10.2003-22.02.2004
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1888: Art sales
Redford, George
A history of sales of pictures and other works and art -
1956: A Page for Collectors. The Man who went back
Davis, Franck
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1968: Neuerwerbungen 1967
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
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1968: Die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Lauts, Jan (Bearb.); Staatliche Kunsthalle Karlsruhe (Hg.)
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1971: Französische Bildnisse des 17. und 18. Jahrhunderts
Lauts, Jan
Bildhefte der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe Nr. 8 -
1972: Bildnis eines Herrn im Jagdkostüm
Lauts, Jan
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1973: Neuerwerbungen Alter Meister 1966 - 1972
Hrsg.: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe; Bearb.: Lauts, Jan
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1973: Meisterwerke in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe
Ammann, Edith u.a. (Bearb.); Staatliche Kunsthalle Karlsruhe (Hg.)
Erworben von Jan Lauts -
1974: Goethe gemalt von Tischbein
Spickernagel, Ellen
Ein Porträt und seine Geschichte -
1982: Largillierre, portraitiste du dix-huitième siècle
Rosenfeld, Myra Nan (Hg.)
Musée des Beaux-Arts, Montréal, 19.9.-15.11.1981 -
1984: 250 Meisterwerke
Meyer, Werner (Red.)
25 Jahre Toto-Lottoerwerbungen für die Kunstmuseen in Baden-Württemberg -
1988: Ausgewählte Werke der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe
Lüdke, Dietmar; Reising, Gert; Simons-Kockel, Katrin
150 Gemälde -
1988: Porträtkunst und höfisches Porträt
Mai, Ekkehard
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1989: Reihe "museum"
Hrsg.: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Westermann-Führer -
1989: Porträtmalerei
Hrsg.: Landesbildstelle Baden; Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Aus dem Besitz der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe -
1994 (2. Aufl.): Gemälde in deutschen Museen
Schweers, Hans Friedrich
Katalog der ausgestellten und depotgelagerten Werke -
1998: Largillierre
Brême, Dominique
Un géant retrouvé -
2003: Nicolas de Largillierre 1656-1746
Cuchet, Agnès
Peintre du Grand Siècle -
2003: Animaux d'Oudry
Droguet, Vincent; Salmon, Xavier; Véron-Denise, Danièle
Collection des ducs de Mecklembourg-Schwerin -
2005: Gesamtverzeichnis Französische Gemälde des 17. und 18. Jahrhunderts in Deutschen Sammlungen
Rosenberg, Pierre; Mandrella, David
... erscheint anlässlich der Ausstellung "Poussin, Lorrain, Watteau, Fragonard ... - Französische Meisterwerke des 17. und 18. Jahrhunderts aus deutschen Sammlungen", Paris/München/Bonn, 2005-2006 -
2009: French paintings of the fifteenth through the eighteenth century
Conisbee, Philip (u.a.)
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2010: Portraits en costume de chasse
Anthenaise, Claude d'
-
2011: Von Schönheit und Tod
Jacob-Friesen, Holger
Tierstillleben von der Renaissance bis zur Moderne -
2015: The Art of Pleasing the Eye
Roussinova, Roussina
Portraits by Nicolas de Largillierre and Spectatorship with Taste for Colour in the Early Eighteenth Century -
2016: Hyacinthe Rigaud
James-Sarazin, Ariane; Sarazin, Jean-Yves
1659-1743 -
2020: Hyacinthe Rigaud ou Le portrait soleil
James-Sarazin, Ariane (Hg.)
Musée National du Château de Versailles et de Trianon, Versailles, 17.11.2020-14.03.2021