
Blick auf das Meer bei L'Estaque
Beschreibung
Paul Cézanne revolutionierte unser Sehen auf fundamentale Weise, indem er mit jahrhundertealten Traditionen der Malerei brach. „Blick auf das Meer bei L’Estaque“ zeigt all jene Errungenschaften, die Cézanne zu einem „Vater“ der Moderne werden ließen.
Das südwestlich von Aix-en-Provence am Golf von Marseille gelegene Fischerdorf L’Estaque zählte etwa zwanzig Jahre lang zu Cézannes bevorzugten Motiven. Hier entwickelte der Künstler seine aus der Arbeit unter freiem Himmel gewonnenen Erkenntnisse konsequent weiter, um schließlich zu seiner charakteristischen Malweise zu gelangen.
Cézanne wollte die Flüchtigkeit des Impressionismus in eine auf Dauerhaftigkeit und Beständigkeit ausgerichtete Darstellungsform überführen. So ließ er weite Teile des Karlsruher Bildes aus parallel gesetzten Pinselstrichen zu prismatisch wirkenden Farbpartien zusammenwachsen. Sie verleihen der Darstellung eine neue Stabilität. Die Formenvielfalt der Welt wird dabei modellhaft auf Grundformen zurückgeführt. Darüber hinaus spiegelt das Bild nicht mehr einen fixen Standpunkt, sondern eine Synthese verschiedener Blickpunkte – und lässt so die Zentralperspektive hinter sich.
Cézanne interpretierte die Realität in seinen Werken als gesehene, intellektuell geformte Wirklichkeit. Seine Art, vom impressionistischen Zerlegen der Farben bis zur Aufhebung einer eindeutigen Perspektive vorzudringen, schuf die wichtigste Voraussetzung für die spätere Aufsplitterung des Gegenstands durch die Kubisten und Futuristen.
Highlight-Tour
Bildgefüge für das Bleibende
Anders als die Künstler*innen des Impressionismus wollte Cézanne nicht das Flüchtige einfangen, sondern im Gegenteil der Natur in seinen Gemälden Festigkeit und Dauer geben.
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Lindgrün – Dunkelgrün – Smaragdgrün – Grasgrün: Paul Cézannes Farbtonleitern sind ungemein reich an Tönen und Zwischentönen. In kurzen, entschiedenen Pinselstrichen hat der französische Maler die Nuancen neben- und übereinander aufgetragen. Aus der Nähe betrachtet wirken sie wie ein abstrakter Teppich aus dicht verwobenen Farbwerten. Aber schauen Sie sich nach dem Detail auch wieder das Gesamtbild an. Aus dem steinigen, ockerfarbenen Berghang schieben schlanke Pinien ihre Baumkronen bis weit nach oben – vor die blaue Fläche des fernen Meeres. Links verschachteln sich die Häuser des Fischerdorfs l´Estaque wie Bauklötze.
Dinge von Dauer
Hier in der Bucht von Marseille fand Cézanne genau das, was er für seine individuelle Art zu arbeiten brauchte – eine Natur, die sich wenig veränderte. Deshalb schätzte er besonders die mediterrane Vegetation, die das ganze Jahr über grün bleibt. Um nicht den schnell verstreichenden Moment, sondern das Bleibende einzufangen, baute er das, was er vor sich sah, im Bild neu auf: als eigenständiges und den eigenen Gesetzen folgendes Gefüge aus Farbwerten und Formfacetten. Für viele spätere Künstler*innen der Moderne wurden diese Sicht und dieses Vorgehen wegweisend.
Wohlüberlegter Aufbau
Wie der Künstler arbeitete, lässt sich sehr gut an einem Aquarell aus der graphischen Sammlung der Kunsthalle nachvollziehen. Aus Farbtupfen und Formkürzeln – malerischen Bausteinen – baute Cézanne in einem langsamen, bedächtigen Schaffensprozess nach und nach das rhythmische Ganze dieses Bildes auf: ein lichtdurchflutetes, pulsierendes Gefüge auf der Fläche.
Touren zu diesem Werk

Highlights
Daten und Fakten
Titel | Blick auf das Meer bei L'Estaque |
---|---|
Künstler*in | Paul Cézanne |
Entstehungszeit | 1883-1885 |
Inventarnummer | 2450 |
Epoche | Klassische Moderne |
Maße Bildträger | H 100.0cm B 81.0cm |
Maße Rahmen | H 123.0cm B 105.0cm T 10.5cm |
Maße Transportrahmen | H 144.0cm B 128.0cm T 22.0cm |
Material | Leinwand |
Technik | Ölfarbe |
Genre | Landschaft |
Gattung | Gemälde |
Abteilung | Neue Malerei (nach 1800) |
Ein Stillleben von Cézanne wurde 2019 im Auktionshaus Christie’s in New York für 59,3 Millionen Dollar verkauft.
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