Wilhelm Leibl - Totenschädel mit Leichentuch

Totenschädel mit Leichentuch

Wilhelm Leibl

Maße:
H 43,0 cm  B 36,5 cm  
Jahr:
1868
Ort:
ZKM

Beschreibung

Den Totenschädel mit Leichentuch malte der in Köln geborene Maler Wilhelm Leibl im Alter von 24 Jahren noch während seiner Ausbildung an der Münchner Akademie. Der wie in einem klassischen Porträt dargestellte Totenkopf scheint den Betrachter aus seinen leeren Augenhöhlen anzublicken. Um den nackten Schädel vor dunklem Hintergrund ist locker ein weißes Tuch geschwungen. Im Oberkiefer fehlen einige Zähne, die Stelle der Nase markiert ein großes, dunkles Loch im Knochen. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Motiv des Totenschädels häufig als Aufgabe an der Akademie gestellt. Auch der Faltenwurf eines Leintuchs war Teil des Zeichen-Curriculums und schulte Auge wie Hand.

Auch jenseits des Kunststudiums hat die Darstellung von Totenschädeln in der europäischen Kunst eine lange Tradition. Während im Mittelalter vor allem die Totentanz-Darstellungen dem Menschen seine Vergänglichkeit vor Augen führen sollten, war ab der Zeit des Barock das sogenannte Vanitas-Stillleben ein häufiger Bildtypus. Leblose, doch aufwändig drapierte Gegenstände, meist um einen Totenschädel oder andere Sinnbilder der Vergänglichkeit ergänzt, sollten den Betrachtenden an seine Sterblichkeit erinnern.

Trotz der Todessymbolik handelt es sich bei Leibls Werk nicht um eine Totentanz-Darstellung oder ein Vanitas-Stillleben, sondern vermutlich um eine makaber-ironische Studie, die als Atelierscherz oder im Rahmen einer Akademieaufgabe entstand.

Hans Thoma als Museumsdirektor

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Tiefgründiger Appell oder nur ein makabrer Studenten-Scherz?

Der wie in einem klassischen Porträt dargestellte Totenkopf in Leibls Gemälde scheint die Betrachter*innen aus seinen leeren Augenhöhlen anzublicken. 

Um den nackten Schädel vor dunklem Hintergrund ist locker ein weißes Tuch geschwungen. Im Oberkiefer fehlen einige der ansonsten sehr präsenten Zähne, die Stelle der Nase markiert ein großes, dunkles Loch im Knochen.

Leibl als Student in München

Das Werk Totenschädel mit Leichentuch malte der in Köln geborene Maler Wilhelm Leibl im Alter von 24 Jahren noch während seiner Ausbildung an der Münchner Akademie. Diese besuchte er ab 1863 und lernte dort wichtige Wegbegleiter wie die Maler Rudolf Hirth du Frênes, Theodor Alt und Johann Sperl kennen.

Die Künstler arbeiteten eng zusammen, sie porträtierten sich gegenseitig, machten zu Übungszwecken Kopien nach Alten Meistern in den Pinakotheken und fertigten Studien nach demselben Modell an. In dieser Zeit entstanden aber nicht nur die obligatorischen Studien nach Vorbildern der niederländischen Kunst des 17. Jahrhunderts, sondern auch Werke wie Leibls skurriler Totenschädel.

Ein in mittelalterlicher Tracht gekleidetes Paar, daneben ein Skelett, das auf eine Trommel schlägt und zu tanzen scheint.

Der Tod in der Kunst

Denn ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Motiv des Totenschädels häufig als Aufgabe an der Akademie gestellt. Teilweise stieß dies auch unter Zeitgenoss*innen auf Ablehnung. So empfand etwa der Dichter Jules Laforgue die Menge der von Berliner Akademieschülern dargestellten Totenköpfe als unangemessen. Die Darstellung von Totenschädeln hat in der Kunst aber bereits eine lange Tradition.

Während im Mittelalter vor allem die Totentanz-Darstellungen dem Menschen seine Vergänglichkeit vor Augen führen sollten, war ab der Zeit des Barock das sogenannte Vanitas-Stillleben ein häufiger Bildtypus, bei dem drapierte, leblose Gegenstände, meist um einen Totenschädel oder andere Vergänglichkeitssinnbilder ergänzt, abgebildet wurden und die Betrachtenden an ihre Sterblichkeit erinnern sollten.

In einer steinernen Nische stehen arrangiert: Eine Vase mit einem Blumenstrauß, ein aufgeschlagenes Notenbuch, eine aufgestellte Geige, eine Pfeife mit Anzünder und Tabak, ein Tintenfass, eine Maus, eine geschälte Zitrone mit Messer, einige Goldmünzen und ein Totenkopf.

Doch trotz der Todessymbolik handelt es sich bei Leibls Werk nicht um eine Totentanz-Darstellung oder ein Vanitas-Stillleben, sondern vermutlich um eine makaber-ironische Studie, die als Atelierscherz oder im Rahmen einer Akademieaufgabe entstand.

Ein Schädel für die Kunsthalle

Anfang der 1870er lernte auch Hans Thoma während seines Aufenthaltes in München Wilhelm Leibl kennen und schloss sich dem inzwischen um den Maler bestehenden sogenannten „Leibl-Kreis“ an. Es ist bekannt, dass sich Leibls Totenschädel mit Leichentuch lange in Thomas Privatbesitz befand, vielleicht hatte Leibl es ihm noch selbst in München überreicht? Hans Thoma schenkte das Werk seinerseits 1904 der Kunsthalle.

Touren zu diesem Werk

A picture of several people in a spinning shop sitting on spinning wheels spinning the wool.

Hans Thoma the museum director


This tour looks at six selected paintings that came into the Kunsthalle collection in very different ways while Hans Thoma was the Gallery director.
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Ein Bild mehrerer Personen, die sich in einer Spinnstube befinden. Sie sitzen an Spinnrädern und spinnen die Wolle.

Hans Thoma als Museumsdirektor


In dieser Tour können ausgewählte Gemälde entdeckt werden, die unter dem Direktorat Hans Thomas in die Sammlung kamen.
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Daten und Fakten

Titel Totenschädel mit Leichentuch
Künstler*in Wilhelm Leibl
Entstehungszeit 1868
Inventarnummer 1018
Maße Bildträger H 43,0 cm  B 36,5 cm  
Maße Rahmen H 49,9 cm  B 43,6 cm  T 4,0 cm  
Material Pappe
Technik Ölfarbe
Gattung Gemälde
Abteilung Neue Malerei (nach 1800)
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