
Totenschädel mit Leichentuch
Beschreibung
Den Totenschädel mit Leichentuch malte der in Köln geborene Maler Wilhelm Leibl im Alter von 24 Jahren noch während seiner Ausbildung an der Münchner Akademie. Der wie in einem klassischen Porträt dargestellte Totenkopf scheint den Betrachter aus seinen leeren Augenhöhlen anzublicken. Um den nackten Schädel vor dunklem Hintergrund ist locker ein weißes Tuch geschwungen. Im Oberkiefer fehlen einige Zähne, die Stelle der Nase markiert ein großes, dunkles Loch im Knochen. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Motiv des Totenschädels häufig als Aufgabe an der Akademie gestellt. Auch der Faltenwurf eines Leintuchs war Teil des Zeichen-Curriculums und schulte Auge wie Hand.
Auch jenseits des Kunststudiums hat die Darstellung von Totenschädeln in der europäischen Kunst eine lange Tradition. Während im Mittelalter vor allem die Totentanz-Darstellungen dem Menschen seine Vergänglichkeit vor Augen führen sollten, war ab der Zeit des Barock das sogenannte Vanitas-Stillleben ein häufiger Bildtypus. Leblose, doch aufwändig drapierte Gegenstände, meist um einen Totenschädel oder andere Sinnbilder der Vergänglichkeit ergänzt, sollten den Betrachtenden an seine Sterblichkeit erinnern.
Trotz der Todessymbolik handelt es sich bei Leibls Werk nicht um eine Totentanz-Darstellung oder ein Vanitas-Stillleben, sondern vermutlich um eine makaber-ironische Studie, die als Atelierscherz oder im Rahmen einer Akademieaufgabe entstand.
Hans Thoma als Museumsdirektor
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Tiefgründiger Appell oder nur ein makabrer Studenten-Scherz?
Der wie in einem klassischen Porträt dargestellte Totenkopf in Leibls Gemälde scheint die Betrachter*innen aus seinen leeren Augenhöhlen anzublicken.
Um den nackten Schädel vor dunklem Hintergrund ist locker ein weißes Tuch geschwungen. Im Oberkiefer fehlen einige der ansonsten sehr präsenten Zähne, die Stelle der Nase markiert ein großes, dunkles Loch im Knochen.
Leibl als Student in München
Das Werk Totenschädel mit Leichentuch malte der in Köln geborene Maler Wilhelm Leibl im Alter von 24 Jahren noch während seiner Ausbildung an der Münchner Akademie. Diese besuchte er ab 1863 und lernte dort wichtige Wegbegleiter wie die Maler Rudolf Hirth du Frênes, Theodor Alt und Johann Sperl kennen.
Die Künstler arbeiteten eng zusammen, sie porträtierten sich gegenseitig, machten zu Übungszwecken Kopien nach Alten Meistern in den Pinakotheken und fertigten Studien nach demselben Modell an. In dieser Zeit entstanden aber nicht nur die obligatorischen Studien nach Vorbildern der niederländischen Kunst des 17. Jahrhunderts, sondern auch Werke wie Leibls skurriler Totenschädel.
Der Tod in der Kunst
Denn ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Motiv des Totenschädels häufig als Aufgabe an der Akademie gestellt. Teilweise stieß dies auch unter Zeitgenoss*innen auf Ablehnung. So empfand etwa der Dichter Jules Laforgue die Menge der von Berliner Akademieschülern dargestellten Totenköpfe als unangemessen. Die Darstellung von Totenschädeln hat in der Kunst aber bereits eine lange Tradition.
Während im Mittelalter vor allem die Totentanz-Darstellungen dem Menschen seine Vergänglichkeit vor Augen führen sollten, war ab der Zeit des Barock das sogenannte Vanitas-Stillleben ein häufiger Bildtypus, bei dem drapierte, leblose Gegenstände, meist um einen Totenschädel oder andere Vergänglichkeitssinnbilder ergänzt, abgebildet wurden und die Betrachtenden an ihre Sterblichkeit erinnern sollten.
Doch trotz der Todessymbolik handelt es sich bei Leibls Werk nicht um eine Totentanz-Darstellung oder ein Vanitas-Stillleben, sondern vermutlich um eine makaber-ironische Studie, die als Atelierscherz oder im Rahmen einer Akademieaufgabe entstand.
Ein Schädel für die Kunsthalle
Anfang der 1870er lernte auch Hans Thoma während seines Aufenthaltes in München Wilhelm Leibl kennen und schloss sich dem inzwischen um den Maler bestehenden sogenannten „Leibl-Kreis“ an. Es ist bekannt, dass sich Leibls Totenschädel mit Leichentuch lange in Thomas Privatbesitz befand, vielleicht hatte Leibl es ihm noch selbst in München überreicht? Hans Thoma schenkte das Werk seinerseits 1904 der Kunsthalle.
Touren zu diesem Werk

Hans Thoma the museum director

Hans Thoma als Museumsdirektor
Daten und Fakten
Titel | Totenschädel mit Leichentuch |
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Künstler*in | Wilhelm Leibl |
Entstehungszeit | 1868 |
Inventarnummer | 1018 |
Maße Bildträger | H 43,0 cm B 36,5 cm |
Maße Rahmen | H 49,9 cm B 43,6 cm T 4,0 cm |
Material | Pappe |
Technik | Ölfarbe |
Gattung | Gemälde |
Abteilung | Neue Malerei (nach 1800) |
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Inspiration Ammersee
Kunstmuseum Hohenkarpfen 2004, Nr. 43
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Das Stilleben
Nationalgalerie Berlin 1935-1936, Nr. 7
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Rein malerisch - Wilhelm Leibl und sein Kreis
Museum im Kulturspeicher Würzburg 14.12.2013 - 23.3.2014
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Hans Thoma - Ein Maler als Museumsdirektor
Studioausstellung ZKM 14.09.2024 - 02.02.2025
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1997: Die Kunsthalle Karlsruhe - Der Beginn einer modernen Sammlung
Angermeyer-Deubner, Marlene
Willy F. Storck (1920-1927) und Lilly Fischel (1927-1933) Teil 1 -
1971: Katalog Neuere Meister
Hrsg.: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe; Bearb.: Lauts, Jan
19. und 20. Jahrhundert -
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19. und 20. Jahrhundert -
1904/05: Kunst für Alle
XX
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2013: Wilhelm Leibl und sein Kreis :
Holsing, Henrike
Rein malerisch; [... erscheint anlässlich der Ausstellung "Rein Malerisch" - Wilhelm Leibl und Sein Kreis, Museum im Kulturspeicher Wu¿rzburg, 14.12.2013 - 23.3.2014] -
2012: Carl Schuch in Venedig : (1876 - 1882)
Dorn, Roland; Ruppen, Fabienne