Victor Hugo

Landschaft mit Brücke, 1856

Neben seinem herausragenden literarischen Werk schuf Victor Hugo auch ein großes und äußerst unkonventionelles zeichnerisches Œuvre. Bereits Ende der zwanziger Jahre begann er autodidaktisch zu zeichnen, indem er häufig den Zufall mitgestalten ließ. Seine oftmals abstrakten Bilder und fantastischen Traumlandschaften werden der Schwarzen Romantik zugeordnet, die sich schaurig-dämonischen, irrationalen Sujets widmet. Rund 3.500 Zeichnungen sind überliefert, die der Künstler zu Lebzeiten nie öffentlich zeigte oder verkaufte, jedoch sorgsam aufbewahrte und im Freundes- und Familienkreis verschenkte.

Die Abbildung der Zeichnung zeigt eine angedeutete Brücke, deren Säulen mit Tusche angedeutet sind.

Auf dieser Zeichnung benetzte er wohl ein kleines zylindrisches Objekt mit Tusche und rollte es über das Papier – als Abdrücke blieben die amorphen braunen Flecken zurück. Diese assoziierte er mit Pfeilern einer Brücke und ergänzte in Bleistift deren Umrisse. Diffuse Partien in Grafit, die der Künstler offenbar sowohl trocken verrieb als auch mit dem feuchten Pinsel weiterbearbeitete, sowie eine hellbraune Lavierung verleihen der so entstandenen Landschaft einen schroffen und traumartigen Charakter. In der Kombination verschiedener Zeichenmethoden ist dieses Blatt ein hervorragendes Beispiel für das kreative Spiel des Künstlers mit dem gelenkten Zufall, den er in Gestalt der fragilen Brücke zum Sinnbild einer drohenden Gefahr weiterentwickelte. Inspiriert zu dieser felsigen, vom Meer umtosten Landschaft wurde Hugo auf den Kanalinseln Jersey und Guernsey, wo er von 1852 bis 1870 im Widerstand gegen das Regime Napoleons III. rund 20 Jahre im Exil verbrachte.

Zum wissenschaftlichen Erwerbungsbericht der Zeichnung Landschaft mit Brücke von Victor Hugo.

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