Baldung und Dürer
Eine blonde Haarlocke, die von Albrecht Dürer stammen soll, gehört zu den außergewöhnlichen Ausstellungsstücken von Hans Baldung Grien. heilig | unheilig.
Sie befand sich im Nachlass von Baldung und wird daher als „künstlerisches Vermächtnis“ von Dürer an Baldung interpretiert.
Zu dieser Zeit war es nicht ungewöhnlich, Haare als Erinnerungsstück aufzubewahren oder diese an einen Schützling weiterzugeben, der in die eigenen Fußstapfen treten sollte. Baldung und Dürer waren gut bekannt, sie soll eine langjährige Freundschaft verbunden haben.
Dafür spricht zum einen, dass Baldung zwischen 1503 und 1508 in Dürers Künstler-Werkstatt in Nürnberg tätig war. Zum anderen gibt es in Dürers Tagebuch, das er auf einer Reise in die Niederlande 1521 führte, einen Hinweis auf den „Grünhans“. Mit diesem Spitznamen ist Baldung gemeint, von Grün stammt auch der Beiname Grien.
Man geht davon aus, dass die Haarsträhne nach Dürers Tod 1528 abgeschnitten und Baldung gesendet wurde. Entweder im Auftrag der Angehörigen als Andenken oder von Mitarbeitenden der Werkstatt. Ob Dürer dies selbst so vorgesehen hatte, ist nicht eindeutig belegt.
Zur Haarsträhne gehört ein Brief, der die verschiedenen Vorbesitzer, die sogenannte Provenienz, und damit die Echtheit der Locke bezeugen soll. Am oberen linken Rand sind an erster und zweiter Stelle „Albrecht Dürer“ und „Hans Baldung“ verzeichnet.
Bromance oder Fremenies?
Obwohl Hans Baldung zu seiner Lebenszeit ein angesehener Künstler war, gilt er heute als „vergessener“ Künstler der deutschen Renaissance. Albrecht Dürer dagegen ist vielen als bedeutender Künstler des 16. Jahrhunderts bekannt und war unter Zeitgenossen bereits berühmt.
Die ähnlichen Bild-Motive beider Künstler zeugen von einer Inspiration des jüngeren Baldung durch den älteren Dürer. Trotzdem setzte Baldung die verwandten Themen gezielt mit seiner ganz eigenen Handschrift um. Während die Locke als Zeichen für die künstlerische und freundschaftliche Beziehung der beiden gedeutet wird, stehen so auch Fragen nach einer Konkurrenz im Raum:
Beispielsweise im Kupferstich war Dürer Baldung künstlerisch wie handwerklich überlegen.
Baldung verlegte sich in den grafischen Medien nach wenigen Versuchen im Kupferstich auf die Zeichnung und den Holzschnitt, in dem er als herausragender Künstler gilt.