
Selbstbildnis mit Amor und Tod
Beschreibung
Während der Entstehung dieses Selbstbildnisses im Jahr 1875 lebte der damals 36-jährige Thoma in München, wo er sich im Umkreis Wilhelm Leibls und anderer Künstlerkollegen bewegte. Thoma stellt sich hier selbstbewusst als Künstler dar. Das hinter ihm stehende Skelett – im weißen Malerkittel und mit Lorbeerkranz auf dem Kopf – scheint dem Maler etwas ins Ohr zu raunen. Er hält inne, doch scheint ihn die Situation nicht allzu sehr zu verängstigen.
Thomas Selbstbildnis hat eine berühmte Vorlage bei dem symbolistischen Maler Arnold Böcklin. Dessen 1872 entstandenes Selbstbildnis mit fiedelndem Tod befindet sich heute in der Alten Nationalgalerie Berlin. Darin zeigt sich Böcklin selbst als Künstler, an den sich von hinten ein unheimliches Skelett schmiegt, das auf einer einsaitigen Geige spielt und den nachdenklichen Maler an seine Sterblichkeit erinnert. Diese Symbolik wird mit der lateinischen Umschreibung »memento mori« (»Bedenke, dass Du sterben wirst«) benannt.
Thoma hingegen geht es nicht primär um die eigene Sterblichkeit, sondern vielmehr um seinen über den Tod hinaus bestehenden Ruhm als Künstler. Auch der kleine Amor in der rechten oberen Bildecke mildert den Schrecken des Todes und wandelt die bedrohliche Symbolik des »memento mori« in ein »amor vincit omnia« (»Die Liebe besiegt alles«).
Thomas Selbstbewusstsein als Künstler gründete vermutlich weniger auf beruflichem Erfolg als auf privatem Glück. Denn 1875 war das Jahr, in dem er seine spätere Ehefrau Cella Berteneder kennenlernte. Die Beziehung zu ihr gab ihm inneren Halt und Selbstbewusstsein.
Who is who
0:00
0:00
Namensstempel
Schulen, Straßen, Plätze. Ein Kunstpreis. Museen und Gedenkstätten. Ja, sogar ein Asteroid. Alle tragen sie seinen Namen: Hans Thoma.
Ein Museum mit dem eigenen Namen
1909, noch zu Lebzeiten des Künstlers, benannte ein Lexikon ihn als einen „der Lieblingsmaler des deutschen Volkes“ – eine Bezeichnung, die (durch kunsthistorische Urteile verstärkt) in den 1930er-Jahren einer posthumen Inanspruchnahme für nationalsozialistische Ideologien den Boden bereitete.
Hans Thoma und seinen von „Meisterhand geschaffenen Werken“, wie es Friedrich I. von Baden formulierte, wollte der Badische Großherzog ein eigenes Museum widmen. Welcher Künstler, welche Künstlerin kommt schon zu Lebzeiten in den Genuss, die eigene Retrospektive zu kuratieren für Räume, die den eigenen Namen tragen sollen?
Das geplante Thoma-Museum mit Thoma-Kapelle war die Initialzündung für die Erweiterung des Kunsthallen-Gebäudes unter Oberbaurat Heinrich Amersbach.
Aufs Engste mit der Kunsthalle verbunden
Pünktlich zu Hans Thomas 70. Geburtstag im Jahr 1909 war der Großteil des neuen Kunsthallenflügels fertiggestellt. Und auch die Straße, an der das Gebäude liegt, wurde ihm zu Ehren umbenannt in Hans-Thoma-Straße. Kaum ein*e Leiter*in hat der Kunsthalle einen solchen nominalen Stempel aufgedrückt wie der letzte Künstler-Direktor, der neben dem Museum auch der Großherzoglichen Kunstschule vorstand.
Selbstbewusst trotz Kritik
Das Selbstbildnis, das Sie hier sehen, entstand allerdings zu einer Zeit, als Thomas Werke noch nicht zu den beliebtesten Motiven für Schokoladen-Sammelbilder zählten. Im Gegenteil: Der Künstler war in der damaligen Kunstmetropole München, wo er 1970 bis 1976 lebte, harscher Kritik ausgesetzt. Doch der 36-jährige Thoma portraitierte sich mit wachem, unerschrockenem Blick und in einer Haltung wie zum Sprung bereit.
Ruhm über den Tod hinaus
Der Tod, verkörpert durch das Skelett hinter Thomas Rücken, ist nicht der verführerisch sich anschmiegende, fiedelnd in die Fänge ziehende Tod des Gemäldes von Arnold Böcklin, auf das sich Thoma sicher bezieht. Nein, hier trägt das Gerippe einen Lorbeerkranz: Der Künstler denkt weniger über die eigene Sterblichkeit nach. Vielmehr beschäftigt er sich mit dem Gedanken von Ruhm, verbunden mit seinem Namen, der den eigenen Tod überdauert.
Weitere digitale Angebote zu Hans Thomas „Selbstbildnis mit Amor und Tod“
Touren zu diesem Werk

Hans Thoma als Künstler

Who is who
Daten und Fakten
Titel | Selbstbildnis mit Amor und Tod |
---|---|
Künstler*in | Hans Thoma |
Entstehungszeit | 1875 |
Inventarnummer | 1287 |
Maße Bildträger | H 72,5 cm B 58,5 cm |
Maße Rahmen | H 113,4 cm B 96,5 cm T 15,0 cm |
Material | Leinwand |
Technik | Ölfarbe |
Gattung | Gemälde |
Abteilung | Neue Malerei (nach 1800) |
-
Self Portrait. Renaissance to Contemporary
National Portrait Gallery 2005-2006, S. 147, Nr. 31
-
Hans Thoma
Kunsthalle Basel 1924, Nr. 49
-
19. Biennale Venedig
1934, Nr. 20
-
Hans Thoma, 1839-1924. Zum 100. Geburtstag
1939, Nr. 74
-
Hauptwerke der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe
Kunstverein St. Gallen 1947, Nr. 106
-
Hans Thoma und sein Kreis
1961-1962, Nr. 13
-
Schönheit und Geheimnis. Der deutsche Symbolismus 1870 - 1920
Kunsthalle Bielefeld 24.3.2013 - 7.7.2013
-
Autoportraits, de Rembrandt au selfie
-
Musée des Beaux-Arts de Lyon
-
Autoportraits, de Rembrandt au selfie
Musée des Beaux-Arts 25.03.2016-26.06.2016
-
Facing the World | Self-Portraits from Rembrandt to Ai Weiwei
Scottish National Portrait Gallery 16.7.2016 - 16.10.2016
-
Ich bin hier! Von Rembrandt zum Selfie
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe 31.10.2015 - 30.01.2016
-
Hans Thoma
Museum LA8 22.09.2017 ¿ 04.03.2018
-
Licht und Leinwand. Fotografie und Malerei im 19. Jahrhundert
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe 09.03.2019 - 02.06.2019
-
In the Picture: Portraying the Artist
Van Gogh Museum 21.02.2020 - 24.05.2020
-
Kunsthalle@ZKM. Ein neuer Blick auf die Sammlung
Highlight-Präsentation ZKM ab 29.04.2023
-
Hans Thoma - Ein Maler als Museumsdirektor
Studioausstellung ZKM 14.09.2024 - 02.02.2025
-
1980: Bildnisse aus dem 19. und 20. Jahrhundert im Besitz der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe
Hrsg.: Landesbildstelle Baden
Farblichtbildreihe zur Geschichte der Bildenden Kunst -
1988: Hans Thoma
Helmolt, Christa von
Spiegelbilder -
1989: Porträtmalerei
Hrsg.: Landesbildstelle Baden; Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Aus dem Besitz der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe -
1989: Reihe "museum"
Hrsg.: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Westermann-Führer -
1993: Der Künstler und der Tod
Adolphs, Volker
Selbstdarstellungen in der Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts -
1991: Künstler rahmen ihre Bilder
Mendgen, Eva A.
Zur Geschichte des Bilderrahmens zwischen Akademie und Sezession -
1993: Auch die Toten werden vor dem Feind, wenn er siegt, nicht sicher sein
Harris, Jonathan
-
1993: The anxious artist - ideological mobilisations of the self in German Modernism
Rogoff, Irit
-
1993: Hans Thoma (1839-1924)
Froitzheim, Eva-Marina
Ein Begleiter durch die Hans-Thoma-Sammlung in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe -
1995: Hans Thoma
Lauts, Jan
-
2000: Seelen Reich
Hrsg.: Ehrhardt, Ingrid; Reynolds, Simon
Die Entwicklung des deutschen Symbolismus 1870-1920 -
: German and Austrian Art. Part II, Christie's London
17.10.2000
-
2005: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Voigt, Kirsten Claudia
-
2006: Badisches Kalendarium
Von Tag zu Tag, von Jahr zu Jahr
-
2008: Vom Biedermeier zum Impressionismus
Kohle, Hubertus
-
2009: Briefe an Wilhelm Steinhausen, Hans Thoma und an seine Familie
Eysen, Loui; Hrsg.: Vogel, Wilhelm Dieter
-
1971: Katalog Neuere Meister
Hrsg.: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe; Bearb.: Lauts, Jan
19. und 20. Jahrhundert -
1971: Katalog Neuere Meister
Hrsg.: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe; Bearb.: Lauts, Jan
19. und 20. Jahrhundert -
1903/04: Kunst für Alle
XIX
-
2012: Baden-württembergische Erinnerungsorte
Weber, Reinhold [Hrsg.]
-
2013: Schönheit und Geheimnis - Der deutsche Symbolismus :
Hülsewig-Johnen, Jutta
Die andere Moderne [... Ausstellung "Schönheit und Geheimnis. Der deutsche Symbolismus - Die andere Moderne", Kunsthalle Bielefeld, 24. März bis 7. Juli 2013] -
: Hans Thoma - Wanderer zwischen den Welten /
Winzen, Matthias; Thoma, Hans
-
2019: Licht und Leinwand
Beiersdorf, Leonie; Großmann, G. Ulrich; Müller-Tamm, Pia
Fotografie und Malerei im 19. Jahrhundert -
2020: In the picture
Bakker, Nienke; Smit, Lisa
portraying the artists -
2018: Oskar Zwintscher - zwischen Symbolismus und Neuer Sachlichkeit
Majerczyk, Janina
Wissenschaftliche Beiträge aus dem Tectum Verlag -
2015: Ich bin hier!
Müller-Tamm, Pia (Hg.); Schäfer, Dorit (Hg.)
Von Rembrandt zum Selfie