
Moses schlägt Wasser aus dem Felsen
Beschreibung
Neben Peter Paul Rubens und Anthonis van Dyck gehört Jacob Jordaens zu den bedeutendsten flämischen Malern des 17. Jahrhunderts. Das fast zwei mal zwei Meter große Historiengemälde „Moses schlägt Wasser aus dem Felsen“ zählt zu den Hauptwerken des jungen Jordaens.
Thema ist das Quellwunder des Moses aus dem Alten Testament: Auf ihrem Zug aus der ägyptischen Knechtschaft in das Gelobte Land kommen die Israeliten in die Wüste Zin. Dem Verdursten nahe, beklagen sie sich bei ihren Führern Moses und Aaron und zweifeln an deren göttlicher Sendung. Den beiden Männern wird jedoch von Gott ein Wunder verheißen. Sie sammeln das Volk und die mitgeführten Tiere an einem Felsen. Nachdem sie zu diesem gesprochen haben, schlägt Moses zweimal den Stab gegen das Gestein, aus dem daraufhin das lebensspendende Wasser bricht.
Anders als in den vorigen Jahrhunderten, stellt Jordaens nicht mehrere Momente der Erzählung gleichzeitig dar, sondern konzentriert sich auf die dramatischen Sekunden vor dem Eintreten des Wunders. In helles Schlaglicht getaucht, wirken die Leiber der Israeliten und ihrer Tiere überaus plastisch. Indem der Maler sie zu einer dichten Gruppe zusammenschiebt, vermittelt er den Eindruck einer brodelnden Volksmenge, die den Augenblick ihrer Rettung kaum noch erwarten kann. Diese höchste Anspannung entlädt und spiegelt sich in ihren Blicken und Gesten.
Jordaens zeigt sich in diesem kühnen Werk von barocker Wucht und kompositorischer Dichte auf der Höhe seiner frühen Meisterschaft.
500 Jahre Gegenwart
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Der sammelnde Soldat
Recherchiert man zu Markgraf Hermann, findet man vor allem Hinweise auf seine militärische Laufbahn. Für die Kunsthalle spielt er aber eine immense Rolle als Kunstkenner und –sammler, der die zeitgenössische Barockkunst bestens im Blick hatte.
Soldat und Kunstliebhaber
Weit gereist, aktiv als Soldat und Diplomat – Markgraf Hermann von Baden-Baden machte sich ab den 1660er-Jahren als Befehlshaber und Gesandter des Kaisers vielfach um das Heilige römisch-deutsche Reich verdient. Dabei war er eigentlich für eine geistliche Laufbahn vorgesehen und zeitweilig als Nachfolger des polnischen Königs gehandelt worden. Vollzieht man seine unzähligen Einsätze in ganz Europa nach, ist man verwundert, wie er die Muße finden konnte, seine Regensburger Residenz auszustatten. Dennoch führt sein Nachlassinventar von 1691 ihn als offensichtlich passionierten Kunstliebhaber vor Augen.
Hochmodern: eine reine Bildersammlung
Hervorzuheben ist, dass nicht die damals vielerorts noch übliche Vielfalt der von Natur und Menschenhand geschaffenen Wunder seine Sammlung auszeichnete. Vielmehr listet das Inventar eine immense Anzahl von Gemälden, die sicher nicht nur die Wohn- und Arbeitsräume des Fürsten schmückten, sondern vermutlich einen eigenen Sammlungsraum.
Mit dieser reinen Bildersammlung – als Phänomen in den Niederlanden erst im 17. Jahrhundert aufgekommen – zeigt sich Hermann ganz auf der Höhe seiner Zeit. Auch und vor allem zeichnet er sich aber durch seinen Blick auf die zeitgenössische deutsche und vor allem niederländische Kunstproduktion aus.
Kunst im großen Format
In erster Linie interessiert sich der weltzugewandte Junggeselle für den Inbegriff barocker Malerei, die flämische Kunst der ersten Jahrhunderthälfte: Rubens, Rubens, Snyders, Rubens… und Jordaens – wobei unter den heute noch 20 in der Kunsthalle nachweisbaren Stücken die holländischen Meisterwerke z. B. eines Pieter Coecke van Aelst oder eines Jan Davidszon de Heem nicht unterschlagen werden dürfen. Weit häufiger als ein „stuckhel“ oder „stücklein“, also kleine, gut erschwingliche und gut transportable Kabinettstücke, kommt in Hermanns Inventar die Bezeichnung „ein groß stuckh“ vor. Mit den großen Formaten gingen im Normalfall mythologische oder biblische Themen einher, so auch bei diesem Quellwunder des Moses, das einem katholischen Fürsten wie Hermann sicher gut zu Gesicht stand. Mit barock geballter Verdichtung und Wucht zeigt der damals gerade 25-jährige Künstler Jacob Jordaens in dramatischer Zuspitzung den Moment, bevor ein göttliches Wunder die dürstenden Israeliten erlöst.
Zeitgenossen aus zwei Generationen
Die große Werkstatt, die Jordaens später in Antwerpen betrieb, zeugt von der veränderten Auftragslage in dieser Blütezeit niederländischer Kunst: Nicht nur kirchliche oder städtische Bestellungen sicherten Jordaens einen opulenten Lebensunterhalt, sondern auch die von zahlreichen internationalen Fürsten- und Königshäusern georderten Werke.
Dieses Gemälde, über dessen ursprünglichen Entstehungskontext nichts bekannt ist, dürfte aber nicht direkt von Jordaens Hand in die Hermanns gewandert sein, auch wenn die beiden Männer zumindest 50 Jahre als Zeitgenossen lebten. Vielmehr ist es die interessante Konstellation eines reifen badischen Kunstsammlers, der in einer Zeit, da die barocke flämische Kunst gerade am Zenit stand, ein Frühwerk eines ihrer Hauptvertreter in seine fürstliche Sammlung aufnahm.
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Highlights

500 Jahre Gegenwart
Daten und Fakten
Titel | Moses schlägt Wasser aus dem Felsen |
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Künstler*in | Jacob Jordaens (1593) |
Entstehungszeit | um 1618 |
Inventarnummer | 186 |
Epoche | Barock |
Maße Bildträger | H 200.0cm B 180.0cm |
Maße Rahmen | H 232.0cm B 216.0cm T 10.0cm |
Material | Eichenholz |
Technik | Ölfarbe |
Genre | Historie |
Gattung | Gemälde |
Abteilung | Alte Malerei (vor 1800) |
Jordaens war auch für seine Gestaltung von Wandteppichen bekannt.
Der Künstler ging nicht wie damals üblich auf Italienreise.
Jan Lauts, Slg. Kat. Karlsruhe 1966, S. 156: „Das Thema nach IV Mose, 20,1-13. – Entstanden um 1618-1620. – Eine verkleinerte Werkstattreplik des Bildes (ehemals Sammlung Principessa Labia; Leinwand, 99,1 : 89,5, Versteigerung bei Sotheby’s, London 27.11.1963, Nr. 16), mit der ehemaligen Sammlung Sir Joseph B. Robinson erstmals 1958 bekannt geworden und in der Royal Academy zu London ausgestellt (Ausstellungskatalog Nr. 1), überliefert den originalen Zustand des Karlsruher Bildes; dieser war durch ältere, offenbar erst nach 1787 angebrachte Übermalungen, welche größere Partien am unteren Bildrande verdeckten, weitgehend verändert. Eine 1959 durchgeführte Reinigung und Restaurierung hat die nur unwesentlich beschädigte Malerei wieder freilegen können; dabei wurde auch ein am unteren Rande später angesetzter Streifen wieder entfernt.
Zwei gezeichnete Entwürfe für die Komposition im Victoria-and-Albert Museum zu London (Feder, laviert; 205 : 341) und im Stedelijk Prentencabinet zu Antwerpen (Pinsel in Braun über schwarze Kreide, 205 : 322) zeigen ein betontes Breitformat mit lockerer verteilten Figuren. Eine der Spätzeit des Künstlers angehörende, unter Werkstattbeteiligung ausgeführte große und vielfigurige Darstellung des gleichen Themas in der Kasseler Galerie (Nr. 110 a, 221,5 : 266) wiederholt in der Mittelgruppe frei das Karlsruher Bild. (…)“
Eine Kopie des Bildes von dem badischen Hofmaler Heinrich Lihl (1690-1757), 1772 im Inventar des Rastatter Schlosses genannt, befindet sich heute wieder ebendort.
Zwei nahezu gleich große, querformatige Gemälde, die der Kasseler Darstellung des Themas folgen und ebenfalls die Figuren der Karlsruher Komposition variiert wiedergeben, befinden sich in Los Angeles (J. Paul Getty Museum, Jacob Jordaens, um 1645-1650, Inv. 79.PA.136, Öl/Leinwand, 129,5 x 269,2 cm) und in Florenz (Palazzo Pitti, Jacob Jordaens Werkstatt, nach 1645, Inv. 1890 Nr. 3850, Öl/Leinwand, 129 x 266 cm).
Eine Kopie nach Nr. 186, nach rechts um die Darstellung eines Rindes erweitert, wurde am 15.12.1998 bei Phillips London versteigert (Fine Old Master Paintings, Lot 242, Jacob Jordaens Werkstatt, Öl/Leinwand, 135,4 x 181,6 cm).
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Hauptwerke der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe
Kunstverein St. Gallen 26.04.-12.07.1947
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1947: Hauptwerke der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe
Martin, Kurt (Bearb.); Kunstverein St. Gallen (Hg.)
Kunstverein St. Gallen, 26.04.-12.07.1947 -
1956: Aus den Schätzen der Karlsruher Museen...
Lauts, Jan
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1961: Flämische Meister aus der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe
Lauts, Jan
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1966: Katalog Alte Meister bis 1800
Bearb.: Lauts, Jan; Hrsg.: Vereinigung d. Freunde d. Staatl. Kunsthalle
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1966: Katalog Alte Meister bis 1800
Bearb.: Lauts, Jan; Hrsg.: Vereinigung d. Freunde d. Staatl. Kunsthalle
Bildband -
1968: Die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Lauts, Jan (Bearb.); Staatliche Kunsthalle Karlsruhe (Hg.)
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1974: Jacob Jordaens Drawings
Hulst, Roger-Adolphe d'
5 Bde. -
1982: Jacob Jordaens
Hulst, Roger-Adolphe d'
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1988: Ausgewählte Werke der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe
Lüdke, Dietmar; Reising, Gert; Simons-Kockel, Katrin
150 Gemälde -
1988 (3. Aufl.): Unsere Kunsthalle
Reuter-Rautenberg, Anneliese
30 Bilder für Kinder -
1989: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Holsten, Siegmar
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1992: Jacob Jordaens
Klessmann, Rüdiger
Zu Ikonographie und Bildregie seiner Historienbilder -
1993: Jacob Jordaens (1593-1678)
Devisscher, Hans (Hg.)
Koninklijk Museum voor Schone Kunsten, Antwerpen, 27.03.-27.06.1993 -
1997: Bogen tussen hemel en aarde
Danneels, Godfried; Lefèvre, Frans; Roseeuw, Marc
Markante figuren uit de bijbel -
1997: Die Kunsthalle Karlsruhe - Der Beginn einer modernen Sammlung
Angermeyer-Deubner, Marlene
Willy F. Storck (1920-1927) und Lilly Fischel (1927-1933) Teil 1 -
1999: Holländischer Klassizismus in der Malerei des 17. Jahrhunderts
Blankert, Albert (Hg.)
Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam, 25.09.1999-09.01.2000; Städelsches Kunstinstitut und Städtische Galerie, Frankfurt am Main, 09.02.-30.04.2000 -
2008: Neuerwerbungen 2007
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
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2008: Extra schön
Grimm, Ulrike (Hg.)
Markgräfin Sibylla Augusta und ihre Residenz -
2013: Jordaens
(o. A.)
La gloire d'Anvers