Lageplan

Orientierungsplan, der den Standort des Werk Markgrafentafel der Tour 500 Jahre Gegenwart in der Ausstellung KunsthalleKarlsruhe@ZKM anzeigt
500 Jahre Gegenwart (1/7) Markgraf Christoph I. von Baden mit seiner Familie in Anbetung vor der Heiligen Anna Selbdritt Details der Station
Hans Baldung - Markgraf Christoph I. von Baden mit seiner Familie in Anbetung vor der Heiligen Anna Selbdritt
Weitere Abbildungen

Markgraf Christoph I. von Baden mit seiner Familie in Anbetung vor der Heiligen Anna Selbdritt

Hans Baldung

Maße:
H 67.4cm B 219.2cm 
Jahr:
um 1510
Ort:
ZKM

Beschreibung

Hans Baldung, genannt Grien, ist einer der außergewöhnlichsten Künstler des 16. Jahrhunderts. Den Beinamen „Grien“ für „Grün“ hat er wahrscheinlich in der Nürnberger Werkstatt Albrecht Dürers erhalten, in der Baldung zwischen 1503 und 1506 tätig war.

In der Karlsruher „Markgrafentafel“ haben sich die religiösen und dynastisch-politischen Anschauungen des Auftraggebers niedergeschlagen. Im Glauben auf Sündenerlass und Sicherung des eigenen Seelenheils wurde die fürstliche Familie in Anbetung der Heiligen Familie dargestellt. Die Gruppe der Anna selbdritt – Maria mit dem Jesuskind und ihrer Mutter Anna – setzte Baldung unter einem rosa Baldachin auf eine Thronbank groß ins Zentrum der Komposition. Ihr vertraut sich maßstäblich kleiner Markgraf Christoph I. von Baden mit seiner siebzehnköpfigen Familie zum Schutz an, wobei einige Mitglieder zum Zeitpunkt des Gemäldeauftrags bereits nicht mehr am Leben waren. Er selbst kniet links – symbolisch auf der bedeutenderen Seite, da von der Mittelgruppe aus gesehen rechts – vor seinen zehn Söhnen, die sich anhand ihrer Attribute identifizieren lassen. Ihnen gegenüber sind die fünf Töchter mit Markgräfin Ottilia, geborene Gräfin von Katzenellenbogen, dargestellt. In einer friesartigen Komposition reihen sich die Familienmitglieder ihrem Rang nach hintereinander auf. Goldfarbene Rüstungen, kostbare Kleider und Schmuck sowie sakrale Gewänder kennzeichnen sie in ihrem weltlichen oder geistlichen Stand. Opulente Wappen heben das markgräfliche Elternpaar hervor. Der Markgraf trägt über seinem Brustharnisch eine Kette mit dem Orden vom Goldenen Vlies – eine der höchsten Auszeichnungen der Habsburger, die auch am baden-sponheimischen Wappen erkennbar ist.

Die politische Dimension des Gemäldes kommt in der neuen Rangordnung der männlichen Nachkommen zum Ausdruck: Der Markgraf hatte entgegen der Rangfolge nach Geburt den jüngeren Sohn Philipp (in Rüstung am linken Rand in erster Reihe) und nicht Bernhard (bärtig, mit goldener Netzhaube, rechts hinter Philipp) zum einzigen Erben der ungeteilten Markgrafschaft bestimmt, wogegen die Brüder Ernst (am linken Bildrand) und Bernhard heftig opponierten. Vor dem Hintergrund dieser Krise demonstriert das Bild mit der Hervorhebung Philipps die unerschütterte Autorität Christophs I. Auffällig ist nicht nur die strikte Trennung in weibliche und männliche Familienmitglieder, sondern auch der Unterschied in den Porträtähnlichkeiten: Während auf der Seite der Männer durchaus individuelle Gesichtszüge erkennbar sind – Christoph I. sollte Baldung anschließend noch mehrmals im Bildnis festhalten – beschränkte sich der Künstler bei den Frauen wiederholt auf denselben Typus.

Mit Hans Baldung Grien beauftragte der badische Markgraf einen jungen, hoch talentierten Künstler, der am Beginn einer vielversprechenden Karriere war. Ungewöhnlich ist das längliche Querformat der Tafel, das sich aus der Struktur der Personenanordnung des wahrscheinlich als Votivbild gedachten Werkes ergibt. In der Karlsruher Kunsthalle ist es das früheste Zeugnis zähringischen Kunstsinnes.

500 Jahre Gegenwart

0:00
0:00

Maßgeschneidert oder von der Stange

Zwei fast zeitgleich entstandene Werke der Kunsthalle stehen für unterschiedliche Konstellationen in der Frühzeit der Sammlung: die sogenannte Markgrafentafel von Hans Baldung Grien und ein kleiner Klappaltar vom sogenannten Meister von Frankfurt. Beide zeigen die Dreiergruppe der Anna Selbdritt, also Maria mit ihrer Mutter Anna und ihrem Sohn. Käufer war in beiden Fällen vermutlich Markgraf Christoph I. von Baden. Doch ist ihr Weg in die badisch-markgräfliche Sammlung denkbar verschieden.

Ausschnitt aus einem Gemälde von Hans Baldung Grien, der Markgrafentafel: Der badische Markgraf Christoph I. kniend und mit gefalteten Händen in einer goldenen Rüstung.

Auftraggeber: fromm und selbstbewusst

Schon die heutige Bezeichnung als Markgrafentafel verrät es: Wenn auch bescheiden und demütig in Anbetung gezeigt, ist die badische Herrscherfamilie doch zumindest ein gleichwertiges, wenn nicht das eigentliche Bildthema. Christoph, der als Familienoberhaupt auf der linken Seite kniet, engagierte dafür mit Hans Baldung Grien einen jungen, gerade aufstrebenden Maler. Er trat damit nicht im heutigen Sinn als Sammler, auch nicht als eigentlicher Förderer zeitgenössischer Kunst auf. Denn seine Motivation war nicht primär Besitzerstolz, sondern Frömmigkeit und fürstlicher Wille zur Selbstdarstellung und zum politischen Statement.

Dreiteiliger kleiner Flügelaltar des Meisters von Frankfurt: Auf dem mittleren Gemälde Maria mit dem Jesuskind und ihrer Mutter Anna, auf den seitlichen Flügeln zwei stehende Frauen, die heilige Katharina und die heilige Barbara.

Auftrag versus Kunstmarkt

Die Markgrafentafel ist beispielhaft für die Erwerbungspraxis am Beginn der Neuzeit. Denn was sich in den europäischen Fürstenhäusern an bildender Kunst von Zeitgenossen ansammelte, waren zu einem großen Teil Auftragsarbeiten. Ein Entkoppeln von persönlichen Bestellungen wurde im Laufe des 16. Jahrhunderts überhaupt erst möglich, als sich ganz allmählich ein unabhängiger Kunstmarkt entwickelte. Das Altärchen steht beispielhaft für die frühesten Anfänge dieser Entwicklung. Der wohl in Antwerpen tätige Künstler führte offensichtlich eine gutgehende Werkstatt, die für den Export produzierte. So kamen Bilder nicht nur nach Frankfurt – was dem Meister seinen Notnamen verlieh –, sondern dieses Werk vermutlich auch noch zu Lebzeiten Christophs I. in die Räumlichkeiten der Markgrafen.

Linker Flügel eines Altars des Meisters von Frankfurt: Vor detailreicher Landschaftskulisse steht in vornehmer Kleidung die heilige Katharina, ein langes Schwert aufgestützt, in der Hand ein Buch.

Am Puls der Nachfrage

Mit Anna Selbdritt in der Mitte sowie Katharina und Barbara auf den Seiten zeigt der Altar eine Auswahl der damals populärsten Heiligen. Er konnte, da ohne Bezug zu einem bestimmten Herrscherhaus, in jedem beliebigen fürstlichen oder gar großbürgerlichen Haushalt der privaten Andacht dienen. Höchst effizient in der Wiederverwendung von Themen und Bildelementen, schuf der Meister von Frankfurt Bestseller, die unabhängig von einem direkten Auftrag in die Hände von Kunstfreund*innen wechseln und so Sammlungen bereichern konnten.

Weitere digitale Inhalte zu Hans Baldungs „Markgrafentafel“

Touren zu diesem Werk

Blick in die Ausstellung KunsthalleKarlsruhe@ZKM neben kleinen Reiterskulpturen im Vordergrund sind im Hintergrund ein Gemälde Cézannes sowie eine Skulptur Rodins zu sehen

Highlights


Die Tour "Highlights" der Ausstellung KunsthalleKarlsruhe@ZKM präsentiert Highlights aus 600 Jahren Kunstgeschichte der Sammlung der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe aus Malerei, Grafik und Plastik.
kurzweilig
ca. 45 min
zur Tour
Abbildung eines abstrakten Gemäldes mit grauen und blautönigen Farbflächen

500 Jahre Gegenwart


Die Tour "500 Jahre Gegenwart" der Ausstellung KunsthalleKarlsruhe@ZKM führt Besucher auf eine Zeitreise durch 500 Jahre Gegenwart.
kurzweilig
ca. 25 min
zur Tour

Daten und Fakten

Titel Markgraf Christoph I. von Baden mit seiner Familie in Anbetung vor der Heiligen Anna Selbdritt
Künstler*in Hans Baldung
Entstehungszeit um 1510
Inventarnummer 88
Epoche Renaissance
Maße Bildträger H 67.4cm B 219.2cm T 2.3cm
Maße Rahmen H 79.2cm B 231.5cm T 9.3cm
Material Tannenholz
Technik Mischtechnik
Genre Porträt
Gattung Gemälde
Abteilung Alte Malerei (vor 1800)
Newsletter

Auch während der sanierungsbedingten Schließung informieren wir Sie hier über die Geschehnisse hinter den Kulissen der Kunsthalle.