
Christus als Schmerzensmann
Beschreibung
Albrecht Dürers Schaffen bildet einen Höhepunkt der deutschen Renaissance. Seine Innovationskraft belegt auch der Karlsruher „Schmerzensmann“, dessen lebendige Gestalt und menschlicher Ausdruck von dem intensiven Naturstudium des noch jungen Künstlers zeugen.
Das Werk stellt Christus mit Dornenkrone und den Leidenswerkzeugen dar. Sein Körper ist gezeichnet durch blutende Verletzungen und die Wundmale der Kreuzigung. In einer Art Grabhöhle ragt er hinter einer Steinbrüstung auf. Sein Kopf ruht schwer in der Hand des rechten Arms, den er auf das hochgezogene Knie gesetzt hat. Die Geste ist Ausdruck des Nachsinnens und Trauerns und zugleich ein Zeichen der Erschöpfung Christi, dessen fragender Blick auf uns gerichtet ist.
Das Bild stellt keinen bestimmten Augenblick in der Leidensgeschichte dar, sondern verweist auf die gesamte Passion und die Auferstehung. Neuartig ist hier die Verbindung zweier Typen: des „Christus in der Rast“, der vor der Kreuzigung über das ihm Bevorstehende nachsinnt, und des „Schmerzensmannes“, der die Betrachtenden mit geöffneten Augen fixiert.
Die feinen Darstellungen im Goldgrund wurden mit Nagelpunzen in Hunderten kleiner Pünktchen eingeschlagen und zeigen eine Eule, die von zwei Vögeln angegriffen wird – Symbol für den schuldlos Verfolgten. Daneben erinnern Distelranken an die Schmerzen Christi.
Die kleinformatige Tafel wurde für die private Andacht gemalt. Sie fordert die Gläubigen zur mitfühlenden Versenkung in das Leiden Christi auf.
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Reifes Frühwerk
Albrecht Dürer war erst 22 Jahre alt, als er dieses kleine Werk schuf. Es zeigt, wie traditionsbewusst und gleichzeitig innovativ der junge Künstler an der Schwelle zur Renaissance war.
Dieser Gottessohn ist wirklich Mensch geworden. In der Geste des Nachdenkens und Trauerns stützt Christus sein Haupt in die Hand. Mit einem intensiven Blick aus rot geränderten Augen fixiert dieser Christus uns, sein Gegenüber.
Bedeutung im Detail
Der fein mit Metallbearbeitungswerkzeug, sogenannten Punziereisen, gestaltete Goldgrund gehört noch dem Mittelalter an. Er lohnt einen genaueren Blick: Aus Hunderten gehämmerten Pünktchen formt sich oben in der Mitte eine Eule, umgeben von Distelranken, dem Sinnbild für schuldloses Leid.
Unterhalb davon öffnet sich, einer Höhle ähnlich, ein der Wirklichkeit nachempfundener Bildraum, in dem der Gottessohn wie aus einem Sarkophag emporsteigt. Eine steinerne Brüstung trennt uns von seiner Sphäre. Aber die Werkzeuge, mit denen man ihm die Wunden zugefügt hat – eine Geißel und eine Rute – ragen darüber hinaus ins Diesseits. Der weitgehend entblößte Körper des Heilands wirkt mit seinen Adern, Muskeln und Hautfalten sehr real. Darin lässt sich bereits Dürers Interesse am Aktstudium erkennen.
Blick dahinter
Nicht nur die Vorder-, sondern auch die Rückseite ist einen näheren Blick wert. Sie imitiert kunstvoll farbigen Marmor: Dieses Werk will nicht nur als flaches Bild, sondern auch als dreidimensionales Objekt wahrgenommen werden.
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Highlights
Daten und Fakten
Titel | Christus als Schmerzensmann |
---|---|
Künstler*in | Albrecht Dürer |
Entstehungszeit | um 1492/93 |
Inventarnummer | 2183 |
Epoche | Renaissance |
Maße Bildträger | H 30.0cm B 19.0cm |
Maße Rahmen | H 37.7cm B 26.5cm T 3.5cm |
Material | Nadelholz |
Technik | Mischtechnik |
Genre | Historie |
Gattung | Gemälde |
Abteilung | Alte Malerei (vor 1800) |
Dürer hatte eine knochige Verdickung im Bereich des Daumens. Daher wird vermutet, dass die Schmerzensmann-Darstellung auf Selbstbeobachtung beruht.
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