Felsenriff am Meeresstrand
Beschreibung
Das „Felsenriff am Meeresstrand“ zählt zu den bekanntesten Werken der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe. Seebilder und Mondscheinlandschaften finden sich beinahe in allen Schaffensphasen des Malers – das Karlsruher Bild ist beides zugleich. Vom kargen Land im Vordergrund, das eine fast kreisrunde Bucht bildet, geht der Blick aufs Meer, wo ein schroff in den Himmel ragendes Felsenriff der Küste vorgelagert ist. Durch leichte Wolken erleuchtet der Mond die Meeresoberfläche im Hintergrund und schenkt dem Raum Tiefe. Mit nur wenigen feinen horizontalen Pinselstrichen zaubert Friedrich die Illusion silbriger Reflexe auf die Wasseroberfläche. Das Gemälde ist ansonsten beinahe nur in Blautönen gehalten: Bescheidenheit im Format und in der Farbe bestimmen seinen Ausdruck.
Als Vorlage diente Caspar David Friedrich vermutlich kein Studium vor der Natur, sondern eine Grafik seines Zeitgenossen Edward William Cooke, der die Felsformation „The Needles“ von der Insel Wight radiert hatte. Die Größe der Bäume im Vordergrund verweist auf die gigantischen Ausmaße des Felsenriffs und setzt einen Maßstab für die Größenverhältnisse im Bild. Mit diesem wichtigen Detail gelingt es dem Künstler, das kleine Format inhaltlich aufzuladen. Das kleine Gemälde vermittelt den Eindruck von erhabener nächtlicher Naturgewalt.
Friedrichs Werke lassen oft eine christlich-religiöse Deutung zu. Das Felsenriff steht für alle Gefahren, die zu überwinden sind, bevor das Lebensschiff den Hafen – hier die ruhige Bucht – erreicht. Das Mondlicht hingegen spendet Hoffnung und Trost, es besänftigt die gläubige Seele mit Blick auf das Jenseits.
Caspar David Friedrich gilt als Inbegriff des romantischen Malers. Der in Greifswald geborene Künstler zählt zu den wichtigsten Vertretern der frühen norddeutsch-protestantischen Romantik.
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Der Inbegriff des Fernwehs
Die Bilder von Caspar David Friedrich verkörpern für mich den Inbegriff des Fernwehs. Ein Wort, das sich kaum in andere Sprachen übersetzen lässt, da nur im deutschen Begriff diese unerklärliche und melancholische Sehnsucht mitschwingt, die für mich in den Werken des bedeutendsten Künstlers der deutschen Romantik besonders zum Ausdruck kommt.
Sehnsucht in Zeiten von Instagram
Für viele bedeutet „Fernweh“ der weite Blick aufs Meer, zu dem uns der Maler hier einlädt. Für mich ist es mehr als das: Kennt ihr das Gefühl, allein vor einer beeindruckenden Landschaft zu stehen und sich im Angesicht der erhabenen Natur auf einmal ganz klein zu fühlen? Wenn die Probleme unseres modernen Alltags plötzlich ganz unbedeutend erscheinen und man für einen Moment eine Verbundenheit mit etwas spürt, das größer ist als man selbst?
Für mich ist es kein Zufall, dass die heutigen Instagram-Bilder und -Videos im Reisebereich genau dieses Gefühl inszenieren und eine kuriose Ähnlichkeit mit den Werken Caspar David Friedrichs aufweisen: von der Bildkomposition über die romantisch wirkenden Landschaften, gerne mit einer einsamen Person in Rückenperspektive, in scheinbarer Zwiesprache mit der Natur. Sie vermitteln eine Sehnsucht, die gerade in der heutigen Zeit brandaktuell ist.
Und auch wenn in diesem Werk keine einsame Person in der Landschaft zu sehen ist wie in Caspar David Friedrichs Wanderer über dem Nebelmeer, so nehmen wir als Betrachter*innen genau diese Perspektive ein: Als würden wir in diesem Moment allein an der Küste der Isle of Wight stehen und auf die fast kreisrunde Bucht und das riesige Felsenriff blicken. Die imposante Felsformation wirkt wie aus der Zeit gefallen. Oder sind es die Rückenschuppen einer urzeitlichen Kreatur, die eben erst aufgetaucht ist? Das Mondlicht, das sich auf der ruhigen Meeresoberfläche spiegelt, verstärkt das Gefühl von Weite und Unendlichkeit. Fast meint man, das sanfte Rauschen zu hören und die salzige Meeresbrise zu riechen, die von der wunderschönen Bucht unten heraufzieht.
Stellen wir uns vor, dass wir die Person sind, die vor der nächtlichen erhabenen Naturgewalt steht und einen kurzen, magischen Moment der Stille und Verbundenheit mit ihr erlebt – ein Gefühl, für das es sich zu reisen lohnt.
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Highlights
Daten und Fakten
Titel | Felsenriff am Meeresstrand |
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Künstler*in | Caspar David Friedrich |
Entstehungszeit | 1824 |
Inventarnummer | 2261 |
Epoche | Romantik |
Maße Bildträger | H 22,0 cm B 31,0 cm |
Maße Rahmen | H 32,8 cm B 41,5 cm T 7,0 cm |
Material | Leinwand |
Technik | Ölfarbe |
Genre | Landschaft |
Gattung | Gemälde |
Abteilung | Neue Malerei (nach 1800) |
Friedrich entwickelte in seinen Bildern eine sehr persönliche Symbolik, die die Betrachtenden immer wieder zu Mitempfindung herausfordert.
Als Caspar David Friedrich 1840 verstarb, war er kaum bekannt. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts wurde seine Kunst wiederentdeckt.
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Deutsche Malerei und Zeichenkunst im Zeitalter Goethes
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Im Lichte Caspar David Friedrichs. Frühe Freilichtmalerei in Dänemark und Norddeutschland
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