
Landline Green Black
Beschreibung
Sean Scullys Malerei war jahrzehntelang wesentlich von seinem urbanen Lebensumfeld geprägt. Seine Kompositionen aus gegeneinander gesetzten, senkrechten und waagrechten malerischen Rechtecken in Schwarz-, Weiß- und Grautönen sind Reflexe auf das geometrische Strukturdenken der Moderne, auf binäre Codes des digitalen Zeitalters und den Widerstreit zwischen Licht und Dunkel. Mit den so genannten Landlines, zu denen „Landline Green Black“ von 2020 gehört, führte Scully nach der Jahrtausendwende den Horizont wieder verstärkt in seine Malerei ein – und zwar in vielfacher Schichtung. Diese Horizonte stellen einen abstrakten, gleichwohl durch den Titel bekräftigten Bezug zu Landschaft her.
Die Landlines thematisieren das Aufeinandertreffen von Geländestreifen, Feldern, von Erde, Wasser und Himmel. Obschon Scully keine tiefenräumliche Staffelung komponiert, lassen die horizontalen Flächen die Assoziation von Ebenen und Weite zu. Gleichzeitig konzentriert Scully den Blick des Betrachtenden auf die Farbwerte und seinen großzügig bewegten, spontanen, agilen und temperamentvollen Umgang mit der Malmaterie. Vom unteren Farbbalken löst sich die Farbe tropfend, rinnt über das blanke Aluminium zum Plattenrand. Das Bild läuft buchstäblich aus. Hier bekennt es sich zu seinen Mitteln – und gleichwohl stellen sich auch hier Assoziationen ein: an Regentropfen vielleicht oder Tränen, daran, dass ein Bild aus einem flüssigen Stoff hergestellt wird, der gerinnt – und daran, dass alles fließt.
500 Jahre Gegenwart
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Ein Stück gemeinsamer Weg
Sean Scully gilt als einer der weltweit bedeutendsten Künstler der Abstraktion. 1945 in Dublin geboren, lebt er heute abwechselnd in England, Deutschland, den USA und Frankreich. Sein Lebensweg, seine intellektuelle Biografie, sein bildnerisches Schaffen und seine immense internationale Wirkung verbinden europäische und amerikanische Zeit- und Kunstgeschichte.
Protagonist zeitgenössischer Debatten
Nach seinem Studium in London und Newcastle übersiedelte Scully 1975 in die USA, wo er Lehraufträge in Harvard und Princeton übernahm. Er avancierte zu einem der profiliertesten Protagonisten der ästhetischen Debatten um Minimalismus, Figuration und Abstraktion. Von 2002 bis 2007 nahm Scully eine Professur an der Akademie der Bildenden Künste in München wahr.
Künstler und Museum – eine enge Bindung
Mit einer 130 Werke umfassenden Ausstellung mit dem Titel Vita Duplex gelang es der Kunsthalle Karlsruhe im Jahr 2018, Einblick in Scullys für die Entwicklungs- und Ideengeschichte der Abstraktion zentrales Œuvre zu geben. Gleichzeitig mit diesem viel beachteten Ausstellungsprojekt wurde von der Kunsthalle die deutsche Übersetzung und Herausgabe von Scullys gesammelten Schriften (Inner) realisiert – Zeugnisse seiner profunden Reflexion der Geschichte der Malerei.
Großzügige Schenkungen
Aus der kuratorischen und editorischen Zusammenarbeit resultierte eine enge Bindung zwischen Museum und Künstler. Nicht nur eine große Anzahl von Graphiken schenkte er dem Haus im Anschluss an die Ausstellung, sondern auch vier fulminante Gemälde. Landline Green Black zeigt Scullys Auseinandersetzung mit Horizontschichtungen, die von landschaftlichen Eindrücken inspiriert sind. Das monumentale Triptychon What makes us spielt auf die kindliche Lust des modernen Menschen an der Arbeit mit bunten Modulen an. Hingegen thematisiert Wall of Light Winter Light wie sich kühle und wärmere Farb-Blöcke zu einer weichen Wand aus Licht organisieren. Und schließlich ist die Kunsthalle Sean Scully für eine weitere großzügige Schenkung dankbar: Im Jahr 2022 malte und überließ der Künstler dem Haus Wall Landline Mooseurach, ein Werk, in dem er Horizont-Kompositionen mit einem Wand-Motiv als „Inset“ – einem Art Einschub – verschränkt. Das fünfte Bild der Sammlung – Figure in Blue – kaufte die Kunsthalle 2021 vom Künstler an.
Handlungsmöglichkeiten
Scully versteht Kunst nicht als bedeutungsloses, formalistisches Spiel. Gerade die Abstraktion sieht er als existenzielle und gesellschaftlich relevante Option ästhetischen Handelns. Eines Handelns entlang an Emotionen und Erfahrungen, auf der Basis einfacher Elemente, die gleichwohl ein Feld unendlicher Möglichkeiten von bewegender Schönheit eröffnen.
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500 Jahre Gegenwart
Daten und Fakten
Titel | Landline Green Black |
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Künstler*in | Sean Scully |
Entstehungszeit | 2020 |
Inventarnummer | 3044 |
Maße Bildträger | H 215.9cm B 190.5cm |
Material | Aluminium |
Technik | Ölfarbe |
Gattung | Gemälde |
Abteilung | Neue Malerei (nach 1800) |
Diese Schichtungs-Struktur von Horizontalen taucht auch in Sean Scullys bildhauerischem Werk auf. Er addiert unter anderem aus Eisenbahnschwellen, filzumhüllten Aluminiumkörpern oder Murano-Glas-Elementen eskalierende Plastiken.