Dr. Tessa Rosebrock, 8. April 2020

Der Weg des Gemäldes „Olevano“ in die Kunsthallen-Sammlung

#kunsthalleathome – Das Motto gilt auch für den internationalen Tag der Provenienzforschung. Mit der wissenschaftlichen Rekonstruktion der Geschichte des Gemäldes „Olevano“ gibt Provenienzforscherin Dr. Tessa Rosebrock einen Einblick in ihre Arbeit.

Das Gemälde Olevano aus dem Jahr 1927 des Karlsruher Malers Alexander Kanoldt gehörte einst dem jüdischen Anwalt Ismar Littmann aus Breslau. Er hatte es direkt nach seiner Entstehung im Atelier des Künstlers erworben, der damals Professor an der Staatlichen Akademie für Kunst und Kunstgewerbe zu Breslau war.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurden gerade in Breslau die Rechtsanwälte jüdischer Herkunft stark verfolgt. Littmann wurde seine Zulassung entzogen, und auch als Notar durfte er nicht länger tätig sein. Da er hochverschuldet war und beruflich keine Zukunft für sich sah, beging er einen Selbstmordversuch, an dessen Folgen er 1934 erlag. 

Seine Frau Käthe und seine vier Kinder waren ebenfalls jüdischer Herkunft. Während die Kinder frühzeitig emigrierten, verblieb Littmanns Witwe noch viele Jahre in Breslau. Zur Finanzierung ihres Lebensunterhaltes sah sie sich gezwungen, einen Teil der familieneigenen Kunstsammlung zu verkaufen. Sie gab ihn an den Berliner Auktionator Max Perl, der die Kunstwerke in der Auktion vom 26. und 27. Februar 1935 anbot.

Zwei Tage vor der Auktion beschlagnahmte die Gestapo insgesamt 64 Kunstwerke aus dem Auktionshaus Max Perl als „entartet“ und übergab sie der Berliner Nationalgalerie zur Verwahrung. 18 davon stammten aus der ehemaligen Sammlung Littmann. Ein Teil dieser Arbeiten wurde auf Weisung der Gestapo in der Heizungsanlage des Museums verbrannt.

In der trotzdem stattfindenden Auktion wurde nur sehr wenig verkauft. Eines der verkauften Werke was das Gemälde Olevano, das für den sehr geringen Preis von 250 RM an den Händler Karl Nierendorf ging. Da der von Hans Littmann festgesetzte Mindestpreis von 260 RM nicht erzielt wurde (normalerweise werden Kunstwerke in einem solchen Fall vom Auktionshaus zurückgehalten) und der Erlös der Auktion von den Erben Littmann zudem dazu genutzt werden musste, ihre Emigration aus Deutschland zu finanzieren (das Geld stand ihnen also nicht zur freien Verfügung), muss man bei diesem Verkauf aus heutiger Sicht von „Verschleuderung“ ausgehen und somit von einem NS-verfolgungsbedingten Vermögensverlust.

Abbildung von Alexander Kanoldts Olevano. Es zeigt ein Bergdorf mit vielen kleinen Häusern.

Im November 1950 erwarb der Magistrat von Groß-Berlin das Gemälde Olevano von der Galerie Meta Nierendorf, Berlin, zum Kaufpreis von 6.000 DM. Der Magistrat war das „vollziehende und verfügende Organ der Volksvertretung des sogenannten Demokratischen Sektors von Groß-Berlin“ – der Deutschen Demokratischen Republik.

Im Juli 1951 ging das Bild als „Schenkung des Magistrats von Groß-Berlin“ an die Ostberliner Nationalgalerie auf der Museumsinsel. Nach dem Mauerfall und der Vereinigung der Ost- und Westberliner Nationalgalerie wurde es bis 1992 in dem Mies-van-der-Rohe-Bau am Potsdamer Platz gezeigt.

Ab den 1960er Jahren strengten die Kinder Ismar Littmanns Verfahren bei den Berliner Wiedergutmachungsämtern hinsichtlich des Verlusts der Kunstsammlung ihres Vaters an. Da sie jedoch keine Unterlagen besaßen, mit denen sie hätten nachweisen können, um welche verlustigen Gemälde und Papierarbeiten es sich handelte, konnten sie nur Entschädigungen für die Bilder erlangen, die bei Max Perl von der Gestapo beschlagnahmt und dann zerstört worden sind.

Auf der Grundlage von zwei später wiedergefundenen Inventarbüchern der Kunstsammlung im Nachlass eines verstorbenen Familienmitglieds konnten sie in den 1990er Jahren noch weitere Kunstwerke aus der Sammlung ihres Vaters ausfindig machen und reklamieren – darunter das Gemälde Olevano von Alexander Kanoldt. Das Gemälde wurde 2001 aus der vereinten Nationalgalerie an die Erbengemeinschaft nach Ismar Littmann restituiert. Noch im selben Jahr hat es der Förderkreis der Kunsthalle von dieser erworben.

Sandra Trevisan, 3. April 2020

Kunsthallen-DIY: Regenbogen inspiriert von Joseph Anton Koch

Regenbögen sind ein Zeichen der Hoffnung – und die benötigen wir aktuell alle.

Aus diesem Grund haben wir uns für dieses Kunsthallen-DIY von Joseph Anton Kochs Heroische Landschaft mit Regenbogen inspirieren lassen.

Was benötigt wird:

Die Abbildung zeigt vier Wollknäuele und eine Schere.

 So viele Wollfäden einer Wollfarbe abschneiden, dass mindestens 3 gleich lange und gleich dicke Stränge entstehen.

Ein Wollstrang und ein Wollknäuel liegen auf einem Tisch.
Drei Stränge Wollfäden liegen auf einem Tisch.

Alle Stränge gleichmäßig mit Wolle in je einer Farbe umwickeln.

Ein Wollstrang und ein Wollknäuel liegen auf einem Tisch.
Ein Wollstrang und ein Wollknäuel liegen auf einem Tisch.
Drei gestrickte Farbstränge und ein Wollknäuel liegen auf einem Tisch.

Einen Regenborgen formen und die Stränge mit Nadel und Faden aneinandernähen (oder kleben). Die Wollenden nach Bedarf gleichmäßig abschneiden.

Ein gestrickter Regenbogen liegt mit einem Faden auf dem Tisch.
Ein gestrickter Regenbogen liegt mit einer Schere auf einem Tisch

 Feststellen, dass der Regenbogen noch zu dünn aussieht. Einen zweiten anfertigen. Beide zusammennähen.

Einen zweiten Regenbogen anfertigen. Beide zusammennähen

Et voilà! Teilt Eure Ergebnisse mit dem Hashtag #kunsthalleathome in den sozialen Medien.

Foto des Ergebnisses. Ein gestrickter Regenbogen.
Foto des Ergebnisses an einer Wand
Dr. Kirsten Claudia Voigt und Dr. Leonie Beiersdorf, 31. März 2020

„Inventing Nature – Pflanzen in der Kunst“ – verschoben ins Jahr 2021

Shutdown – auch in der Kunsthalle Karlsruhe. Was bedeutet das für eine Ausstellung wie „Inventing Nature – Pflanzen in der Kunst“, die rund neun Wochen später eröffnet werden sollte?

Es bedeutet, einen vollbesetzen Zug, der mit Volldampf unterwegs ist, mit einer Vollbremsung zum Stehen zu bringen. Jahrelange Vorarbeiten, an denen Künstler*innen, Kolleg*innen aus allen Abteilungen unseres Hauses und aus anderen Museen, Galerien, private Leihgeber, ein Verlag, Autor*innen und Institutionen beteiligt waren, werden ausgebremst – wie die Laster, die übrigens teilweise schon auf dem Weg waren, um Werke von mehr als 30 Künstler*innen anzuliefern. Die Vernunft, die Fürsorgepflicht für Mitarbeiter*innen und Publikum gebieten dies.

Künstler*innen, Verlag und Galerien haben gemeinsam Energien, Ideen, Zeit und Geld investiert, sie sind auch – das konnten wir hören – schon mit Existenzsorgen konfrontiert. Staatliche Institutionen aber bleiben verlässlich, ethisch und praktisch in der Pflicht und geben ermutigende Zeichen der Stabilität. Die Arbeit geht unvermindert weiter; der Katalog wird produziert, an der Vermittlung der Ausstellung gearbeitet. Denn: Inventing Nature – Pflanzen in der Kunst, die am 29. Mai 2020 hätte eröffnet werden sollen, wird nun um etwa ein Jahr verschoben. 2021 ist das Jahr, in dem die Kunsthalle ihr 175-jähriges Bestehen feiert, und so wird der Ausstellung und ihrem brisanten ökologischen Thema – der Frage nach unserem Umgang mit Natur und unseren Lebensbedingungen – wohl noch mehr öffentliche Aufmerksamkeit zuteilwerden.

Die Ankündigung, dass wir aus der weltweit Leid und Existenznot erzeugenden Krise so doch eine Chance für unsere Partner, Freunde und die Kunst entwickeln werden, löste bei allen Beteiligten Freude und Erleichterung aus. Die Antworten der Künstler*innen, Museumskolleg*innen und Galerist*innen, die uns erreichten, waren solidarisch, warmherzig, verständnisvoll, viele berührend und freundschaftlich. Als Kuratorinnen danken wir allen auch hiermit für ihr Vertrauen und ihre Zusicherungen, die Werke, die wir in Karlsruhe zusammenführen wollen, 2021 in die Kunsthalle zu entleihen! 

Das Thema der Ausstellung wird nichts an Brisanz eingebüßt haben – eher im Gegenteil. Die Coronakrise stellt als pandemische Naturkatastrophe jeden von uns und unsere Systeme auf die Probe. Der Philosoph Richard David Precht hat dieser Tage sein Erstaunen darüber ausgedrückt, dass wir nun plötzlich und erstmals in der Lage scheinen, mit Hochdruck alle politischen Hebel in  Bewegung zu setzen, um Schaden zu begrenzen und Leben zu retten, während uns dies im Angesicht der – noch weitaus größeren – drohenden „Naturkatastrophe“, die aus Klimawandel und Artensterben resultieren wird, bisher nicht gelang. Ein Umdenken bahnt sich an – auch das war Gegenstand vieler Antworten, die uns viele der engagierten Künstler*innen und Kulturschaffenden in den letzten Tagen schickten. Diese Gedanken sind integraler Bestandteil von „Inventing Nature“ – im Frühjahr 2021. 

Sandra Trevisan, 27. März 2020

Kunsthallen-DIY: Blumentopf inspiriert von Walter Conz „Interieur mit schwarzer Katze“

Mit den von Werken unserer Sammlung inspirierten Kunsthallen-DIYs geben wir kunstvolle Inspirationen für Zuhause.

Die Kunsthallen-DIY-Reihe auf dem Blog läuten wir inspiriert von Walter Conz Interieur mit schwarzer Katze ein. Mit einer Katze können wir nicht dienen, wohl aber mit einem einfachen Tutorial für einen ansehnlichen Blumentopf.

Was benötigt wird:

Was Ihr braucht: Einen leeren, ausgespülten Tetrapack, Schere, Farbe und Pinsel oder Stifte etc., Blumenerde, Pflanze

Tetrapack im oberen Drittel aufschneiden.

Tetrapack liegt mit einer Schere auf einem Tisch und ist im oberen Drittel aufgeschnitten.
Tetrapack liegt auf einem Tisch und ist im oberen Drittel aufgeschnitten.

Den übrigen Tetrapack vorsichtig zusammendrücken. So lässt sich die äußere Schicht besser ablösen. 

Das Tetrapack liegt auf einem Tisch.

Nun kann die Außenschicht entfernt werden.

Das DIY Objekt, hier ein Tetrapackung liegt zerschnitten auf einem Tisch.
Das DIY liegt halb fertig auf einem Tisch.

Nun den oberen Rand zweimal nach unten umschlagen. 

Der Papp-Blumentopf liegt seitlich auf einem Tisch.
Der Papp-Blumentopf liegt seitlich.

Der Tetrapack-Blumentopf kann jetzt angemalt, beklebt oder dekoriert werden. 

Tetrapack liegt auf einem Tisch, daneben ein Pinsel und goldene Farbe.

Im letzten Schritt wird die Erde eingefüllt und die Pflanze eingesetzt.

Der Papp-Blumentopf liegt seitlich und davor Erde.
Foto des Ergebnisses des Blumentopf DIY. Es zeigt einen Blumentopf aus Pappe von oben fotografiert.
Foto des Ergebnisses des Blumentopf DIY. Es zeigt einen Blumentopf aus Pappe mit einer Zimmerpflanze.

Et voilà! Teilt Eure Ergebnisse mit dem Hashtag #kunsthalleathome in den sozialen Medien.

Foto des Ergebnisses des Blumentopf DIY. Es zeigt einen Blumentopf aus Pappe mit einer Zimmerpflanze.
Florian Trott, 18. März 2020

Plötzlich geschlossen

8. März 2020: Die Kunsthalle feiert das erfolgreiche Ende der Großen Landesausstellung „Hans Baldung Grien. heilig | unheilig“. Wenige Tage später ist alles anders.

Am letzten Ausstellungstag konnten wir noch einmal weit über 1.000 Besucher*innen begrüßen. Insgesamt haben sich mehr als 60.000 Kunstinteressierte die Baldung-Schau angesehen. Zwar haben in den letzten Ausstellungstagen mit Blick auf die Verbreitung des Coronavirus einige Gruppen ihre gebuchten Führungen storniert, aber insgesamt wirkte die Krise – aus Museumsperspektive betrachtet – noch nicht greifbar. 

Nur vier Tage später entschließen wir uns proaktiv dazu, Führungen, Workshops und alle anderen Veranstaltungen ausfallen zu lassen – zum Wohle aller.

13. März 2020: Die Stadtverwaltung Karlsruhe veröffentlicht am frühen Abend eine Verfügung, die unter anderem besagt, dass die Kultureinrichtungen der Stadt ab dem nächsten Tag geschlossen bleiben müssen. Plötzlich geht alles ganz schnell, plötzlich fühlt sich das Coronavirus sehr nah und sehr real an. Seitdem überschlagen sich die Ereignisse. Feststeht: Die Kunsthalle wird – wie alle anderen Kultur- und Bildungseinrichtungen auch – vorerst geschlossen bleiben. Das ist der aktuelle Stand, niemand kann zum jetzigen Zeitpunkt vorhersagen, was danach geschieht. 

Für uns ist klar: Die Kunsthalle ist zwar geschlossen, aber hinter den Kulissen wird natürlich weitergearbeitet, wenn auch unter anderen, ungewohnten Bedingungen. Digital ist die Kunsthalle weiterhin geöffnet – zu jeder Zeit, von jedem Ort aus. Gerade jetzt sind kulturelle Angebote umso wichtiger, gerade jetzt zeigt sich der Wert einer vielfältigen und intakten Kulturlandschaft.

Auf unseren digitalen Kanälen präsentieren wir in den nächsten Tagen und Wochen verschiedene Aktionen und Angebote der digitalen Kunstvermittlung. Auch hier im Blog wird es zahlreiche Beiträge geben, die Einblicke in die Arbeit des geschlossenen Museums bieten. Gibt es dabei Themen, die für Euch, liebe Leser*innen, besonders von Interesse sind? Dann lasst uns gerne Eure Anregungen und Hinweise über die Kommentarfunktion zukommen.

Wir freuen uns auf alle Rückmeldungen und einen lebendigen Austausch. Bleibt gesund! 

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Auch während der sanierungsbedingten Schließung informieren wir Sie hier über die Geschehnisse hinter den Kulissen der Kunsthalle.